Ausstellungen Travemünde und
Schleswig-Holstein Oktober 2020
Dauerausstellung
Seiteninhalte
- „Vogelleben zwischen Fluss und Meer“
- »a BRIEF history« „Lübeck hoch 3 (LH³)“
- „Das schönste Spielzeug der Welt“ Miniaturspielzeug aus dem Erzgebirge
- Valerio Vincenzo „Frieden ohne Grenzen“
- Manaf Halbouni – Ostwind
- Wanderausstellung „Günter Grass und die Ostsee“
- OSTHOLSTEIN im Blick der Norddeutschen Realisten
- „700 Jahre Hemmelsdorf“
- Sonderausstellung „LAND KÜSTE MEER – Einblicke in die Schatzkammern des Nordens“
- „Nordwärts/Südwärts. Begegnungen zwischen dem Polarkreis und Lübeck“
- „Das andere Goldene Zeitalter. Johann Ludwig Lund und der deutsch-dänische Künstlerkreis“
- »Geschichte(n) zum Erleben – Das Bauprojekt Kloster 2026«
- Interimsausstellung “Buddenbrooks im Behnhaus”
- Fotografien von Orhan Pamuk »Balkon« und »Orange«“
- CAROLA ERNST Dioptric Land
- „Die Geschichte des Burghügels“
- „Die schönsten Grußpostkarten aus alter Zeit“
- „Not macht erfinderisch – zivile Notgegenstände aus Militärmaterialien. Die Sammlung Olaf Weddern“
„Vogelleben zwischen Fluss und Meer“
Im August 2020 wurde in der Naturwerkstatt Priwall die Dauerausstellung „Vogelleben zwischen Fluss und Meer“ eröffnet.
Diese erzählt von der abwechslungsreichen und faszinierenden Natur des Priwalls und der Geschichte, wie diese Halbinsel zu einem ganz besonderen Refugium für selten gewordene und gefährdete Küstenvögel wurde.
Durch verschiedene Ausstellungsobjekte, interaktive Medien und spielerische Stationen lädt sie Jung und Alt ein, die Natur des Priwalls zu entdecken und ihre gefiederten Bewohner näher kennenzulernen. Dabei darf selber ausprobiert und gerätselt werden:
Wo finde ich den besten Brutplatz für einen Kiebitz?
Und wie genau werden Vögel eigentlich gezählt?
Abgerundet wird die Ausstellung durch naturgetreue Dioramen, die die Vögel in ihren natürlichen Lebensräumen zeigen.
Die Naturwerkstatt Priwall ist ein Besucher- und Informationszentrum des Landschaftspflegevereins Dummersdorfer Ufer e. V., gelegen am Rande des Naturschutzgebietes „Südlicher Priwall“. Regelmäßig starten von hier aus naturkundliche Führungen mit botanischem, vogelkundlichem oder naturhistorischem Schwerpunkt.
Öffnungszeiten 2020:
April – Oktober täglich, außer dienstags: 10:00 – 17:00 Uhr
November-März freitags – sonntags: 10:00 – 16:00 Uhr
Gruppen nach Absprache
Eintritt:
Erwachsene: 5 €
Kinder (ab 6 Jahre): 3 €
Familien oder Gruppen (mind. 10 Personen und nur mit Anmeldung) erhalten 20 % Rabatt
Ort: Naturwerkstatt Priwall, Fliegerweg 5-7, 23570 Travemünde-Priwall
Tel. 04502 9996465
Foto © LPV (Landschaftspflegeverein Dummersdorfer Ufer)
noch bis 17. Oktober 2020
»a BRIEF history«
„Lübeck hoch 3 (LH³)“
Kulturgeschichte des Briefes mit 30 Schätzen aus Lübecker Archiven
Die Ausstellung »a BRIEF history« lädt vom 13. September bis zum 17. Oktober 2020 im Brahms-Institut an der Musikhochschule Lübeck zu einer Entdeckungsreise durch rund 800 Jahre Kulturgeschichte des Briefes ein. Dabei sind mehr als die Hälfte aller Exponate bisher noch nie gezeigt worden.
Erstmalig kooperieren 13 Museen, Archive und Sammlungen der Hansestadt Lübeck und geben mit der gemeinsamen Ausstellung Einblick in ihren breitgefächerten Sammlungsschatz. »a BRIEF history« ist die erste Veranstaltung im Rahmen von Lübeck hoch 3 (LH³), einem Projekt der Musikhochschule Lübeck, der Technischen Hochschule Lübeck und der Universität zu Lübeck.
Vom 13. September bis zum 17. Oktober 2020 ist in der Villa Brahms am Lübecker Jerusalemsberg die Ausstellung »a BRIEF history« zu sehen. Die Botschaft eines Briefes beginnt bereits bei der Entscheidung, welches Papier, welches Format und welches Schreibgerät gewählt wird. Der Brief als Objekt erzählt oft viel mehr, als der reine textliche Inhalt vermittelt. So liegt der Schwerpunkt der Ausstellung auf dem Aspekt der Materialität, wie Prof. Dr. Wolfgang Sandberger, Leiter des Brahms-Instituts und einer der Kuratoren, erläutert: »Briefe faszinieren – und zwar nicht nur durch ihre Botschaften, sondern auch als Objekte in ihrer Materialität«. Mitkuratorin Teresa Cäcilia Ramming, Doktorandin und Volontärin am Brahms-Institut, ergänzt: »Der Geruch von Papier und Tinte, das
Kratzen einer Feder auf Pergament, der Anblick von frisch auf Papier gebrachten Worten, die Hitze von Siegelwachs oder der Geschmack vom Klebstoff einer Briefmarke: Briefe sind eine sinnliche Sache.«
»a BRIEF history« vereint 30 Exponate aus 13 Lübecker Institutionen, viele davon bisher unveröffentlicht, unter anderem eine eng beschriebene Postkarte mit Napoleon-Motiv, die Thomas Mann seinem Bruder Heinrich im April 1901 schickte und ein indonesischer Drohbrief auf Bambus mit Miniaturwaffen. Beteiligt sind die im Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck (ZKFL) zusammengeführten Einrichtungen, die Musikhochschule (MHL) sowie das TheaterFigurenMuseum Lübeck. Professor Dr. Hans Wißkirchen, Leitender Direktor der Lübecker Museen zur Bedeutung dieser erstmaligen Kooperation: »Die Ausstellung und der Katalog zeigen auf beindruckende Art und Weise die Breite und Qualität der Lübecker Sammlungen. Das gilt für die Museen, das Archiv und die Bibliothek. Gerade in der aktuellen Situation zeigt sich hier die Stärke einer aus einem reichen historischen Fundus schöpfenden städtischen kulturellen Tradition.«
Weit über ihren regionalen Bezug hinaus stehen Kaufmannsbriefe der Hansezeit und Briefe aus dem Umfeld der Lübecker Literaten Emanuel Geibel, Thomas Mann und Günter Grass repräsentativ für wichtige Aspekte in der Historie des Briefeschreibens. Der Rundgang durch den klassizistischen Gartensaal der Villa Brahms beginnt jedoch bereits bei archäologischen Wachstafel-Funden aus dem 14. Jahrhundert. Es folgen eine päpstliche Pergamenturkunde mit Siegel sowie ein opulenter Adelsbrief der Frühen Neuzeit. Aus der Blütezeit im 19. Jahrhundert stammt zum Beethoven-Jubiläumsjahr ein doppelt gesiegelter Brief des Komponisten. Über Typoskripte aus dem industriellen Zeitalter des Lübecker Hochofenwerks Herrenwyk wird der Blick schließlich bis hin zu den digitalen Medien geleitet. Einen geografisch-ethnologisch interessanten Abstecher stellen exotische Exponate wie etwa ein Drohbrief mit angehängten Miniaturwaffen der indonesischen Batak dar.
Während in den Vitrinen der Villa Brahms die Objekte in ihrer Beschaffenheit beeindrucken, sind an den Hörsäulen ergänzend die Brieftexte zu erleben, eingelesen von Rachel Behringer und Andreas Hutzel aus dem Schauspiel-Ensemble des Theater Lübeck.
Zur Ausstellung erscheint zudem ein Katalog, in dem die hochwertig abgebildeten Exponate von Autorinnen und Autoren der einzelnen Institutionen essayistisch und mit Transkriptionen begleitet werden (et+k München, Preis: 19,90
Euro, ISBN 978-3-96707-403-1).
Die Idee zur Ausstellung »a BRIEF history« entstand bei den Planungen zur Summerschool, die das ZKFL alle drei Jahre veranstaltet. Vom 13. bis zum 20. September 2020 widmete sie sich dieses Jahr dem Thema »Brief – Strukturen einer Kulturtechnik«. Die Forschungsarbeit des ZKFL wird an den beteiligten Instituten, Museen und Einrichtungen durchgeführt und praktiziert ein von Objekten ausgehendes materiales Denken.
»a BRIEF history« ist die erste Veranstaltung im Rahmen von Lübeck hoch 3 (LH³), einem Projekt der Musikhochschule Lübeck, der Technischen Hochschule Lübeck und der Universität zu Lübeck. Gemeinsames Ziel ist es, die Vernetzung der Hochschulen mit der Gesellschaft in Lübeck zu vertiefen und die Ergebnisse und den Wert von Wissenschaft und Kultur bürgernah zu vermitteln. Im Zuge dieses Projekts wurde die Schau von der Possehl-Stiftung Lübeck großzügig unterstützt.
täglich 14:00 – 18:00 Uhr
Eintritt: frei
die allgemeinen Hygiene- und Abstandsregeln sind zu beachten.
Aufgrund der Einschränkungen zur Eindämmung der Covid 19-Pandemie ist zur Eröffnung am 13. September 2020 eine Voranmeldung über abriefhistory@mh-luebeck.de erforderlich.
Ort: Villa Brahms, Jerusalemsberg 4, 23568 Lübeck
www.brahms-institut.de
Foto © St- Annen-Museum Lübeck
noch bis 25. Oktober 2020
„Das schönste Spielzeug der Welt“
Miniaturspielzeug aus dem Erzgebirge
„Das schönste Spielzeug der Welt“ – So bezeichnete der Dresdner Spielzeughändler und Sammler Richard Zeumer die Miniaturwelt aus dem Erzgebirge.
Zunächst waren es Spielzeugdesigner an der Königlichen Kunstgewerbeschule in Dresden, die mit Professor Oskar Seyffert, dem späteren Gründer des Museums für Sächsische Volkskunst in Dresden, die Idee zu einer Art Reformspielzeug hatten. Es entstand ein Heimat-Spielzeug, das die Fantasie anregen sollte und dabei die Bereiche Stadt und Land, Natur und Technik auf der Höhe der Zeit im Spiel abbilden konnte. Häuser, Tiere und Menschen in Kombination mit Fahrzeugen und auslegbaren Geländeplatten ließen sich immer wieder neu kombinieren.
Mit dem „Erzgebirgischen Dörfchen“ wurde das erste Pädagogische Spielzeug auf den Markt gebracht, das in seiner Aussagekraft bis heute fast unübertroffen ist. Betrachtet man es in seiner ganzen Vielfalt, so ergibt sich ein kulturgeschichtlicher Blick in die Zeit von der Jahrhundertwende bis zum Zweiten Weltkrieg. Was früher die Kinderherzen entzückte, gehört heute für Erwachsene zum raren Sammelobjekt.
Die Ausstellung umfasst nicht nur Miniaturspielzeug zu verschiedenen Szenen aufgebaut, sondern zeigt anhand von Originalverpackungen, alten Musterblättern und Geschäftspapieren die Idee, das Angebot und die Vermarktung der kleinen Kostbarkeiten.
Exponate aus der gegenwärtigen Produktion einiger weniger Hersteller, die noch nach alten Vorlagen arbeiten, runden die Ausstellung ab.
Öffnungszeiten:
täglich 11:00 – 17:00 Uhr
13.01. – 14.02.2020 geschlossen
15.02. – 27.03.2020 14:00 – 17:00 Uhr
Eintritt: Erwachsene 3 €, Kinder bis 14 Jahre 1€, Kinder bis 6 Jahre frei, Familien 7 €
Ort: Weihnachtshaus, Westerende 46, 25813 Husum
www.weihnachtshaus.info
Foto © Weihnachtshaus
noch bis 01. November 2020
Valerio Vincenzo
„Frieden ohne Grenzen“
Fotografien von Valerio Vincenzo aus dem europäischen Kulturprojekt „Borderline. Frontiers of Peace“
Vom 04. September bis 01. November 2020 zeigt das Willy- Brandt-Haus Lübeck die Ausstellung „Frieden ohne Grenzen“ mit Bildern des italienischen Fotografen Valerio Vincenzo.
Seine Aufnahmen zeigen europäische Landschaften, die in der Vergangenheit durch Schlagbäume abgeriegelt oder brutal vom Eisernen Vorhang durchzogen waren.
Im Rahmen des Kulturprojektes „Borderline. Frontiers of Peace“ ist Vincenzo zehn Jahre lang durch Europa gereist. Dabei hat er mehr als 20.000 Kilometer entlang der europäischen Binnengrenzen im Schengen-Raum zurückgelegt.
„Die Fotografien führen unmittelbar vor Augen, welch selbstverständliche – und schützenswerte – Bewegungsfreiheit und alltägliche Nachbarschaft entstanden ist. Gerade die Menschen in unserer Region wissen, wie sehr sich die Grenzen Europas seit 1990 verändert haben“, erklärt Dr. Bettina Greiner, Leiterin des Willy-Brandt-Hauses.
Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag, 11:00 – 18:00 Uhr
Eintritt: Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei.
Es gelten die jeweils aktuellen Hygienevorgaben.
Wir bitten um verbindliche Anmeldung unter 0451 –122 425-0, veranstaltungen-luebeck@willy-brandt.de oder auf www.willy-brandt-luebeck.de
Ort: Willy-Brandt-Haus Lübeck, Königstraße 21, 23552 Lübeck
www.willy-brandt-luebeck.de
Foto © Valerio Vincenzo
noch bis 08. November 2020
Manaf Halbouni – Ostwind
„Es geht jetzt darum, wie man miteinander umgeht. Ob man sachlich diskutieren kann.“
Manaf Halbouni
Ein politischer Künstler zu Gast in Lübeck:
Vom 29. August bis 8. November widmet die Kunsthalle St. Annen dem zeitgenössischen Künstler Manaf Halbouni erstmals eine museale Einzelausstellung. Die speziell für das Lübecker Museum für Kunst nach 1945 bis zur Gegenwart entwickelte Schau wird verschiedene Werkgruppen vorstellen. Hierbei bezieht Halbouni die Sammlung der Kunsthalle ein. So erscheinen zum Beispiel die Werke von E.W. Nay, Horst Münch, HA Schult und Peter Klasen in neuen Verbindungen zum Schaffen des Künstlers. Darüber hinaus hat Halbouni zehn Künstlerselbstporträts aus der Schenkung Leonie von Rüxleben ausgewählt, die in der Ausstellung zusammen mit seinen Selbstporträts als General gezeigt werden. Zu sehen sind Fotografien, Videoarbeiten, Grafiken, Gemälde und installative Arbeiten.
Wie kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler setzt sich der 1984 in Syrien geborene Manaf Halbouni mit dem Zustand der Demokratie und der Frage nach einer offenen Gesellschaft auseinander – in Europa und darüber hinaus. Der vorwiegend in Dresden lebende Künstler beschäftigt sich in seinen Werken unter anderem mit seinen Erinnerungen an den Bürgerkrieg in Syrien.
Des Weiteren finden Themen wie Migration, Freiheit und Demokratie Resonanz in seiner Arbeit. 1984 als Sohn einer Deutschen und eines Syrers in Damaskus geboren, musste er als Kriegsdienstverweigerer Syrien verlassen.
Halbounis Schaffensprozesse in Bildhauerei, Zeichnung und Video reflektieren seine Lebenserfahrung zwischen der arabischen Welt und Europa. Besonders mit dem Projekt „Monument“, drei vertikal vor der Frauenkirche in Dresden und später vor dem Brandenburger Tor in Berlin positionierten Bussen, erregte der Künstler 2017 nationale wie internationale Aufmerksamkeit.
Die künstlerische Auswahl der Sammlungsexponate für die Ausstellung „Manaf Halbouni – Ostwind“ bezieht sich vorzugsweise auf dunkel gestaltete Kunstwerke, deren erdige Monochromie in der Zusammenschau mit Halbounis Installationen den eintönigen Alltag in Kriegs- und Friedenszeiten reflektiert. Raffael Rheinsbergs Collage Zone von 1984 zum Beispiel zeigt Tintenabdrücke menschlicher Körperteile auf Transitvisa durch die DDR. Halbouni interessiert sich sowohl für Transit als Zustand der Ortlosigkeit als auch für Relikte nicht mehr existierender Länder. Dies drückt sich in der Soundinstallation Echoes aus. Hierin beschäftigt sich der Künstler mit Staaten, die es zwischen 1900 und 2000 als geografisch und politisch bestimmbare Orte gab und die heute verschwunden sind. Die Installation besteht aus Radios, aus denen die Nationalhymnen der 21 vom Künstler gefundenen Staatenbeispiele ertönen.
Die für die Ausstellung neu geschaffene Installation Shifting Values orientiert sich an alltäglichen Materialien. Sie besteht aus vier Sicherheitspylonen, wie sie als Blockaden für Eingänge von Botschaften oder anderen geschützten Gebäuden verwendet werden. Beim Hoch- und Runterfahren spielen diese jeweils eine Original-Tonsequenz ab. Vernehmbar ist beide Male: „Wir sind das Volk“. Beim Hochfahren der Pylonen hört man eine Intonation dieser Worte, die bei einer Pegida-Demonstration im Jahr 2014 aufgenommen wurde. Beim Runterfahren erklingt die Aufnahme einer Versammlung von Menschen in Leipzig aus dem Jahr 1989, die die politische Parole skandierten, um für die Öffnung der DDR-Grenzen, für Freiheit und Demokratie zu demonstrieren. 1989 also (Poller fahren runter) fordert das Volk die Öffnung, 2014 (Poller fahren hoch) die Schließung einer Grenze. Die massive Sound Installation Shifting Values macht durch die unmittelbare Gegenüberstellung dieser gegensätzlichen Forderungen auf die veränderte Sichtweise innerhalb eines Zeitraums von 25 Jahren aufmerksam und thematisiert zugleich die Blockade und Einschränkung, die durch das Schließen nationaler Grenzen entsteht – und die Tendenz dazu setzt sich bis heute fort. Dies ist ein Prozess, den Halbouni in verschiedenen Arbeiten kritisch betrachtet. Zahlreiche Arbeiten Halbounis werden in der Kunsthalle St. Annen zum ersten Mal gezeigt.
In einer Zeit, in der antisemitische Äußerungen, Gewalt gegen Migrant:innen, liberale Politiker:innen und People of Color sich häufen und über die sozialen Medien verstärkt sichtbar werden, ist das Neustellen der bestehenden Frage nach dem politischen Gehalt der Kunst berechtigt. Die politische Debatte ist ein zentraler Teil des künstlerischen Geschehens der Gegenwart, das ja immer mitten aus einem gesellschaftlichen Gefüge entspringt. Die Ausstellung fällt in eine Phase vermehrter Demonstrationen demokratiefeindlicher Verschwörungstheoretiker:innen. Sie fällt auch in die Zeit der zu neuer Eindringlichkeit erweckten Black Lives Matter-Bewegung, die nach der brutalen und tödlichen Verhaftung des Afroamerikaners George Floyd weltweit neuen Aufwind und große Sichtbarkeit erlangt.
Für Kulturinstitutionen und Künstler:innen ist es wichtig, Haltung zu zeigen. Hierzu gehört das gleichberechtigte Ausstellen von Künstler:innen, die ihre Praxis aus unterschiedlichen kulturellen Perspektiven innerhalb der gegebenen gesellschaftlichen Vielschichtigkeit, in Deutschland und im globalen Kontext, betrachten. Als Künstler, der zwischen Syrien und Deutschland aufgewachsen ist, bietet Manaf Halbouni relevante Perspektiven auf die Beziehungen zwischen der arabischen Welt und Europa.
Die Kunsthallen-Leiterin und Kuratorin der Ausstellung Dr. Antje-Britt Mählmann freut sich: „Dieser Künstler ist nahe am Zeitgeschehen und an globalen politischen Entwicklungen. Jene Inhalte vermag er in einer einzigartigen Mischung aus Ernst und Humor in seiner Kunst darzustellen. Mit dieser Ausstellung möchten wir zum Nachdenken über demokratische Werte wie Freiheit und Toleranz anregen!“
Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten von Antje-Britt Mählmann, Lotte Laub und einem Künstlerinterview mit Manaf Halbouni von Ann-Kristin Jürgensen.
Vernissage
Die Ausstellung wird am 29. August um 11 Uhr im Beisein des Künstlers eröffnet. Aufgrund der durch die aktuellen Sicherheits- und Hygienevorschriften begrenzten Personenzahl ist die Vernissage bereits ausgebucht. Da es den LÜBECKER MUSEEN wichtig ist, trotz dieser Personenbeschränkung niemanden zu benachteiligen, soll es von der Eröffnung eine Video-Aufzeichnung geben, parallel dazu aber auch ein zehnminütiges Video, das wertvolle Hintergrundinformationen und Interviews beinhaltet und somit sogar für die physischen Besucher:innen der Veranstaltung einen Mehrwert bringt.
Diese sind nach dem Termin unter www.kunsthalle-st-annen.de abzurufen.
Begleitet wird die Ausstellung von einem vielfältigen Rahmenprogramm, dessen Aktualität aufgrund der derzeitigen Pandemiesituation allerdings stets kurzfristig auf der Homepage der Kunsthalle St. Annen zu überprüfen ist.
Begleitprogramm:
Führungen durch die Sonderausstellung am 13. und 27. September sowie am 11. und 25. Oktober 2020, 15 Uhr, Teilnahme 12 €
Einführung für Multiplikatoren am 07. September 2020, 15 Uhr, für Lehrer:innen kostenfrei
Meet Art! Goes East, Führung für Interessierte ohne Kunstvorkenntnisse in lockerer Atmosphäre, 15. Oktober 2020, 16 Uhr, Teilnahme 12 €
Führung MuseumsMomente am 17. Oktober 2020, 15 Uhr, Teilnahme 12 €
Finissage: Hausleiterführung am 08. November 2020, 15 Uhr, Teilnahme 12 €
What If ? – ein Gedankenspiel, Buchbares Angebot für Schulklassen in Kooperation mit dem Willy-Brandt-Haus, 90 Min. Führung inkl. Workshop, Teilnahme 45 € zzgl. 1,50 € pro Schüler:in (2 Begleitpersonen frei)
Solitide, ein Zyklus funkelnder Werke für Solo-Violoncello am 30. August, 27. September, 31. Oktober, 29. November sowie am 20. Dezember 2020, jeweils um 15 und 17 Uhr, mit Einführung
Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag 10:00 – 17:00 Uhr
Eintritt: Erwachsene 8 €, Ermäßigte 4,- €, Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren 2,50 €, Kinder unter 6 Jahren frei
Ort: Kunsthalle St. Annen, St. Annen-Straße 15, 23552 Lübeck
www.kunsthalle-st-annen.de
Foto © VG Bild-Kunst/Bonn
noch bis 22. November 2020
Wanderausstellung
„Günter Grass und die Ostsee“
In der Ausstellung geht es um die Ostsee im Werk von Günter Grass. In seinen Gedichten und Erzählungen kam er immer wieder auf die „baltische Pfütze“ zurück und griff dabei Motive wie Möwengeschrei, Wind und Wellenschlag auf.
In seinen Zeichnungen, Aquarellen und Skulpturen beschäftigte sich Grass mit Flora und Fauna der Ostsee. Als leidenschaftlicher Sammler trug er zahlreiche Fundstücke von den Stränden zusammen, die er detailgenau nachzeichnete. Zugleich thematisierte er die Bedrohung der Natur durch den Menschen.
Kuratiert wurde die Ausstellung von Adeline Henzschel; für die Gestaltung ist die Grafikdesignerin Sarah Winter verantwortlich.
Vernissage am 06. September 2020 19:00 Uhr an den Strandterrassen
Die Schau wird um 19 Uhr im Beisein von Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau mit einer Lesung des Schauspielers Ulrich Noethen eröffnet.
Die Veranstaltung findet im Rahmen des WEITE WELT Festivals an den Strandterrassen statt, das am 27. August 2020 mit einem vielfältigen Programm startet und mit der Lesung am 06. September 2020 schließt.
Öffnungszeiten:
täglich
Eintritt: ist kostenfrei, auch für Besucher:innen, die keine Hotelgäste sind.
Allerdings sind die derzeit geltenden Abstands- und Hygieneregeln zu beachten.
Ort: A-ROSA Travemünde, Außenallee 10, 23570 Lübeck-Travemünde
Foto © Steidl / Günter und Ute Grass Stiftung
noch bis 22. November 2020
OSTHOLSTEIN
im Blick der Norddeutschen Realisten
Bei dieser besonderen Ausstellung OSTHOLSTEIN im Blick der Norddeutschen Realisten handelt es sich um eine Art „Geburtstagsgeschenk“ anlässlich des 50jährigen Jubiläums des Kreises Ostholstein.
Bereits 2018 und 2019 fanden auf Einladung des Museums Malsymposien im Kreisgebiet statt, während derer die Mitglieder der Künstlervereinigung der Norddeutschen Realisten den Kreis Ostholstein von Fehmarn bis Bad Schwartau, von den Küsten bis ins Landesinnere erkundeten und künstlerisch in eindrucksvollen Bildern vor Ort und unter freiem Himmel umsetzten. Während der Symposien entstanden über 180 Bilder, die sowohl die attraktiven und charakteristischen als auch die weniger bekannten Seiten Ostholsteins aus der individuellen Perspektive der jeweiligen Künstlerinnen und Künstler zeigen.
Mit Margreet Boonstra, Brigitta Borchert, Tobias Duwe, André Krigar, Christopher Lehmpfuhl, Meike Lipp, Mathias Meinel, Lars Möller, Ulf Petermann, Eva Pietzcker, Nikolaus Störtenbecker, Frank Suplie und Till Warwas sind insgesamt 12 Mitglieder und ein Gast der bekannten Künstlergruppe an dem Malprojekt und seiner Ausstellung beteiligt, deren Werke auf beiden Ausstellungsetagen des Ostholstein-Museums präsentiert werden.
Die Ausstellung wird am Sonntag, den 23. August 2020, um 11:00 Uhr ihre Tore öffnen – aufgrund der besonderen Corona-Situation jedoch ohne Eröffnungsfeierlichkeiten am Vormittag. Stattdessen werden einige Künstlerinnen und Künstler der Gruppe der Norddeutschen Realisten an jenem Sonntag vor Ort sein und den interessierten Besuchern gerne Auskunft zur Künstlergruppe, den eigenen Werken und den Bildern der Kollegen sowie der pleinair-Malweise geben.
Die Ausstellung wird von einem reich bebilderten Katalog (25 €) sowie Führungen und Künstlergesprächen begleitet.
Zeitnahe Informationen zu dem begleitenden Programm finden Sie unter www.oh-museum.de.
Katalog und Ausstellung werden vom Kreis Ostholstein und der Sparkassen-Kulturstiftung Ostholstein finanziell gefördert.
Öffnungszeiten:
dienstags – sonntags 11:00 – 17:00 Uhr
Eintritt: Erwachsene 6,00 €, ermäßigt 3,00 €
Ort: Ostholstein-Museum, Schloßplatz 1, 23701 Eutin
www.oh-museum.de
noch bis 22. November 2020
„700 Jahre Hemmelsdorf“
Im Jahr 2015 fand Frank Miersen, der Wehrführer der Dorfschaft Hemmelsdorf, beim Aufräumen im Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr mehr als 100 Jahre alte Dorfschafts-Protokolle. Diese waren in Deutscher Kurrentschrift und in Sütterlin-Schrift verfasst. Daraufhin bat die Dorfvorsteherin Frau Bärbel Rieger, die Protokolle in Druckschrift zu übertragen.
Die vorgefundenen Einzelheiten wurden im weiteren Verlauf liebevoll und aufwendig geklärt und im Archiv der Hansestadt Lübeck, in der Eutiner Landesbibliothek und schließlich im Landesarchiv im Prinzenpalais in Schleswig recherchiert. Es offenbarten sich nicht nur spannende Einzelheiten über Hemmelsdorf, sondern auch der mögliche Namensgeber des Dorfes der Dänenkönig „Hemming“ konnten identifiziert werden.
Aber auch vielfältige Abhängigkeiten und Vernetzungen mit Entwicklungen im Kreis, im Land bis hin zu zwischenstaatlichen Beziehungen, zum Beispiel zu Dänemark und zu Russland wurden deutlich.
Ein 700-jähriges Jubiläum der Dorfschaft wurde durch die Ersterwähnung als „Hymmingestorpe“ im Jahr 1319 durch ein Original-Dokument im Landesarchiv bestätigt. Somit stand einer für 2019 geplanten 700-Jahr-Feier nichts mehr im Weg. Parallel dazu war auch eine Einweihungsfeier zum neuen Feuerwehrgeräte- und Dorfgemeinschaftshaus vorgesehen. Da das Gebäude allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt fertiggestellt werden konnte, entschloss sich die Dorfschaft für eine gemeinsame Veranstaltung im Sommer 2020.
Die Ausstellung „700 Jahre Hemmelsdorf“ wird in der Rotunde stattfinden, wo man die Geschichte von Hemmelsdorf anschauen kann.
Ausstellung wie Broschüre werden „Scans“ der alten Protokolle und deren Übertragung in Druckschrift als Kern enthalten, ergänzt durch zahlreiche Bilder, Karten und geschichtliche Einordnungen.
September und Oktober 2020: täglich von 10:00 – 17:00 Uhr
November: Samstag und Sonntag von 10:00 – 17:00 Uhr
Eintritt: frei
Ort: Trinkkurhalle, Kurpromenade, 23669 Timmendorfer Strand
Foto © StS TSNT
noch bis 29. November 2020
verlängert bis 14. März 2021
Sonderausstellung „LAND KÜSTE MEER –
Einblicke in die Schatzkammern des Nordens“
Am 27. Februar 2020 wurde im Museum für Natur und Umwelt die Sonderausstellung „LAND KÜSTE MEER – Einblicke in die Schatzkammern des Nordens“ eröffnet, die dort bis 29. November 2020 zu sehen sein wird.
Darin geben die naturkundlichen Museen des Museumsverbundes der Nord- und Ostsee Region (NORe) Einblicke in ihre Arbeit. Jedes erzählt eine besondere Geschichte anhand ausgewählter originaler Objekte. Es wird gezeigt, welche Aufgaben Naturkundemuseen erfüllen, wozu ihre Sammlungen dienen und was ihre Forschungsarbeit auszeichnet. Im Vordergrund stehen vor allem Aspekte von Evolution und Biodiversität. Anhand von Objekten wie Fossilien wird der Wandel im Lauf der Erdgeschichte aufgezeigt. Themen sind zum Beispiel „Die Welt vor unserer Zeit“ oder „Der Mensch verändert die Welt“.
„LAND KÜSTE MEER – Einblicke in die Schatzkammern des Nordens“ ist die erste gemeinsame Ausstellung des Museumsverbundes NORe, dem elf Naturkundemuseen und Forschungssammlungen aus Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein angehören. Sie war bereits in Rostock und Oldenburg zu sehen. Das Lübecker Museum für Natur und Umwelt ist mit Fossilfunden aus der Ur-Nordsee aus der Zeit vor etwa 11 Millionen Jahren von der Fundstelle in Groß Pampau vertreten.
Öffnungszeiten:
dienstags – freitags 09:00 – 17:00 Uhr
samstags – sonntags 10:00 – 17:00 Uhr
Eintritt:
Erwachsene 6 €
Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren 2 €
Ermäßigte 3 €
Kinder unter 6 Jahren frei
Ort: Museum für Natur und Umwelt, Musterbahn 8, 23552 Lübeck
www.museum-fuer-natur-und-umwelt.de
noch bis 03. Januar 2021
„Nordwärts/Südwärts.
Begegnungen zwischen dem Polarkreis und Lübeck“
Erste Ausstellung der Lübecker Völkerkundesammlung unter neuer Leitung
Ganz im Zeichen des diesjährigen Mottos „Nachbarn im Norden“ der LÜBECKER MUSEEN steht die erste Ausstellung der Lübecker Völkerkundesammlung unter ihrem neuen Leiter Dr. Lars Frühsorge: „Nordwärts/Südwärts. Begegnungen zwischen dem Polarkreis und Lübeck“ lautet deren Titel und soll den Besucher:innen vom 17. September 2020 bis 03. Januar 2021 in den Räumen des St. Annen-Museums einen vollkommen neuen Blick auf die Länder und Kulturen rund um den Polarkreis vermitteln.
Während Lübeck als „Königin der Hanse“ bislang als Zivilisationsbringerin für den Norden galt, soll hier der Fokus erstmals umgekehrt auf den Einfluss des Nordens auf die norddeutsche Lebenswelt gelegt werden.
Die althergebrachte Sichtweise auf den Norden aus der Perspektive Lübecks wird aus heutiger Sicht hinterfragt und neu interpretiert.
Anhand zahlreicher lange in der Völkerkundesammlung verborgener Schätze aus Skandinavien, Sibirien, Grönland, Kanada und Alaska werden alle Facetten der Wahrnehmung der nördlichen Kulturen aufgezeigt. Zu sehen sind traditionelle und moderne Kunst, aber auch Gebrauchsgegenstände wie Musikinstrumente, Kleidung, Jagdwaffen, Haushaltsutensilien und Ritualgegenstände. Einige dieser Stücke zählen zu den ältesten Objekten der LÜBECKER MUSEEN und wurden noch nie ausgestellt. Fotografien bis heute isolierter Weltgegenden, Videos und Hörstationen mit Legenden, Reiseberichten und Musik, aber auch Objekte aus der traditionellen Lebenswelt des Schamanismus sowie geniale Erfindungen der Sami und Inuit erlauben es, tiefer in vergangene Zeiten und fremde Kulturen einzutauchen. Doch auch erste touristische Souvenirs oder Postkarten geben Aufschluss über das Bild, das vom „Leben im Norden“ bis heute vermittelt werden soll.
Zu den Highlights der Ausstellung gehören unter anderem eine indianische Tanzmaske aus Kanada und ein kunstvoll verzierter Hut aus Alaska. Zudem ist eine erst kürzlich wiederentdeckte Schamanentrommel der Sami aus Lappland zu sehen, deren verblasste Zauberzeichen eigens für die Ausstellung mit einem digitalen Verfahren wieder sichtbar gemacht wurden. Weltweit gibt es nur noch eine zweistellige Zahl dieser Trommeln.
Als weiterer Schatzfund gilt eine schon länger im Bestand der Lübecker Völkerkundesammlung enthaltene Skulptur, die sich erst in der Vorbereitung auf die Ausstellung als Kunstwerk des weltbekannten Inuit-Bildhauers George Arluuk entpuppte. Arluuk gilt als Pionier der abstrakten Kunst in der Arktis.
Doch auch unbequemen oder politischen Themen soll in der Ausstellung „Nordwärts/Südwärts“ nachgegangen werden.
Was machten die Nazis in der Arktis?
Welche Rolle spielte Lübeck in Zeiten des Walfangs?
Welche Geschichte verbindet sich mit der schwedischen Kirche in der Hafenstraße?
Bezüge zu aktuellen Problemen wie dem Klimawandel, dem Kreuzfahrttourismus oder der Erschließung von arktischen Rohstoffen sowie die kontroversen Diskussionen um die Pipeline Nord Stream werden aufgezeigt.
Für Kinder ist eine Sektion mit arktischem Spielzeug vorgesehen, unter anderem mit einem Videospiel einer indigenen Gemeinschaft aus Alaska. Zudem ist die Ausstellung sehr modern konzipiert und wartet mit zahlreichen Audio- und Videostationen auf, wo beispielsweise ein exklusiv für die Ausstellung produziertes Musikvideo von Mari Boine, der international bekanntesten Sängerin der Sami, zu sehen ist.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog zum Preis von 19,50 €.
Begleitet wird die Ausstellung von einem vielfältigen Rahmenprogramm, dessen Aktualität aufgrund der derzeitigen Pandemiesituation allerdings stets kurzfristig auf der Homepage der Völkerkundesammlung bzw. des St. Annen-Museums zu überprüfen ist.
Begleitprogramm:
Kuratorenführungen durch die Sonderausstellung mit Dr. Lars Frühsorge am 26. September um 14 Uhr, 18. Oktober um 15 Uhr, 20. November um 15 Uhr sowie am 06. Dezember 2020 um 15 Uhr, 12 €
Einführung für Multiplikatoren am 28. September 2020, 15 Uhr, für Lehrer:innen kostenfrei
exhibiT Multidisziplinäre Performance an der Schnittstelle zwischen Tanztheater und Ausstellung, gefördert durch die Aktion „Kulturfunke‘‘, 25. September, 18 Uhr sowie 26. September 2020, 16 Uhr, Eintritt frei
Von Tschukotka bis Murmansk: Rohstoffboom und indigene Gemeinschaften in Russland Vortrag von Tjan Zaotschnaja, 18. Oktober 2020, 17 Uhr, 10 €
Kunsthandwerk aus Fischleder Workshop zum traditionellen Handwerk der Nanai in Sibirien, 24. Oktober 2020, 14 Uhr, 20 € (inkl. Material)
Völkerschau-Objekte Tagung zur deutschen Kolonialgeschichte in Kooperation mit dem ZKFL und der Gesellschaft für Geographie und Völkerkunde zu Lübeck e. V., 27. bis 29. Oktober 2020, Anmeldung unter vks@luebeck.de
Bundesweiter Vorlesetag Märchen, Legenden und historische Reiseberichte aus den Ländern rund um den Polarkreis, 20. November 2020, 14 Uhr, 8 €
Finnische Webkunst Vortrag, 24. November 2020, 18 Uhr, 10 €
Wetterstationen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg Vortrag, 26. November, 18:30 Uhr, 10 €
Finnlandbegeisterung in 599 klassischen Versen Vortrag, 10. Dezember 2020, 18 Uhr, 10 €
Öffnungszeiten:
01.04. – 31.12. 10:00 –17:00 Uhr
01.01. – 31.03. 11:00 – 17:00 Uhr
Eintritt: Erwachsene 8 €, Ermäßigte 4 €, Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren 2,50 €, Kinder unter 6 Jahren frei
Ort: St. Annen-Museum, St. Annen-Straße 15, 23552 Lübeck
www.st-annen-museum.de
Foto © Völkerkundesammlung Lübeck
noch bis 10. Januar 2021
„Das andere Goldene Zeitalter.
Johann Ludwig Lund und
der deutsch-dänische Künstlerkreis“
“Nachbarn im Norden” lautet das diesjährige Motto der LÜBECKER MUSEEN; gleichzeitig wird 2020 auch das deutsch-dänische Freundschaftsjahr begangen. Daher lag es für das Museum Behnhaus Drägerhaus nahe, sich einem heute völlig zu Unrecht in Vergessenheit geratenen deutsch-dänischen Maler zu widmen: Johann Ludwig Lund.
Die Sonderausstellung “Das andere Goldene Zeitalter. Johann Ludwig Lund und der deutsch-dänische Künstlerkreis” präsentiert Lunds Werk erstmals in größerem Umfang. Der Ausstellung liegt ein vom dänischen Kulturministerium gefördertes Forschungsprojekt zugrunde. Sie wurde von der Sammlung Hirschsprung und dem Ribe Kunstmuseum aus deren Bestand konzipiert; des Weiteren sind Leihgaben aus privaten und öffentlichen Sammlungen in Dänemark, Norwegen und Deutschland zu sehen.
Johann Ludwig Gebhard Lund (1777 – 1867) war in erster Linie Historienmaler und zählte zu den wenigen dänischen Künstlern, die öffentliche Aufträge erhielten. So schuf er großformatige Historienbilder für öffentliche Bauten sowie Altarbilder für Kirchen im ganzen Land. Zudem war er auch immer wieder als Porträt- und Landschaftsmaler tätig. Er konnte sich auf ein internationales Netzwerk stützen, zu dem unter anderem Friedrich Overbeck, Peter Cornelius, die Schriftstellerin Friederike Brun, Caroline von Humboldt und Charlotte Schiller zählten; auch pflegte er Freundschaften zu namhaften Künstlern jener Zeit wie beispielsweise mit Caspar David Friedrich.
1818 wurde er als Professor an die Königliche Kunstakademie in Kopenhagen berufen, wo er lange Jahre lehrte und zusammen mit Christoffer Wilhelm Eckersberg die dänische Malergeneration ausbildete, deren Werke jene Ära prägten, die heute als das dänische “Goldene Zeitalter” bekannt ist. Damit spielte Lund in den europäischen Künstlerkreisen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine wichtige Rolle. Zu seinen Schülern zählten Johan Thomas Lundbye, Ditlev Blunck und Christian Gottlieb Kratzenstein Stub.
Die Ausstellung im Museum Behnhaus Drägerhaus beleuchtet Lunds Rolle in der europäischen Kunstszene anhand verschiedener Stationen, die in die bestehende Sammlung des Museums als Interventionen eingeflochten werden. Die Stationen der Werke ergeben sich aus den Orten, die den viel gereisten Künstler inspirierten: Dresden, Italien und insbesondere Rom, Sophienholm nördlich von Kopenhagen sowie die dänische Hauptstadt selbst. An diesen Orten begegnete er Künstler:innen, die ihn beeinflussten oder die wiederum in seine Fußstapfen getreten sind. Darüber hinaus machen die Vergleiche seiner Werke mit denen seiner Zeitgenossen die zentrale Rolle Lunds in der Kunst der Romantik deutlich.
Begleitprogramm:
Öffentliche Führungen – jeden Sonntag, 11:30 Uhr, 4 € zzgl. Eintritt
Individuelle Führungen: Information und Buchung Esther-Maria Rittwagen Tel. 0451 122 4260 behnhaus@luebeck.de
Klangbilderkonzert
Donnerstag, 10. Dezember 2020, 19:30 Uhr, Kammerspiele des Theater Lübeck, Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Niels Wilhelm Gade und dänische Volkslieder; Karten, beim Theater Lübeck erhältlich
Öffnungszeiten:
01.04. – 31.12. Dienstag – Sonntag 10:00 – 17:00 Uhr
01.01. – 31.03. Dienstag – Sonntag 11:00 – 17:00 Uhr
Eintritt:
Erwachsene 8 €
Kinder unter 6 Jahren frei
Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren 2,50 €
Ermäßigte 4,- €
Ort: Museum Behnhaus Drägerhaus, Königstraße 9-11, 23552 Lübeck
www.museum-behnhaus-draegerhaus.de
noch bis 17. Januar 2021
»Geschichte(n) zum Erleben –
Das Bauprojekt Kloster 2026«
»Ein altes Sprichwort besagt: ›Um ein Kind zu erziehen bedarf es eines Dorfes.‹ Wir haben ein Dorf! Museal anmutend aber eben KEIN Museum, sondern ein Ort für Begegnungen und Abenteuer im historischen Ambi-ente.« (Frank Thomas, einer der Gründer des Geschichtserlebnisraum Ro-ter Hahn)
Geschichte zum Leben erwecken und selbst Teil davon werden?
In Kooperation mit dem Geschichtserlebnisraum Roter Hahn (GER) präsentiert das Europäische Hansemuseum ausgewählte Objekte, die veranschaulichen, was offenes Leben und Arbeiten mit Schwerpunkten der Geschichts- und Umweltpädagogik leisten können.
Herzstück ist dabei das Modell einer mittelalterlichen Klosteranlage, welches erstmals einem größeren Publikum präsentiert wird. Das Kloster, inklusive Kochstelle, Kräutergarten und Kreuzgang, entsteht derzeit auf dem Freigelände des Geschichtserlebnisraums in Kücknitz und soll 2026 fertiggestellt werden.
Bereits der Bau ist Teil des pädagogischen Konzeptes: Die Besucher:innen können die Konstruktion direkt vor Ort verfolgen und daran teilhaben. Zukünftig soll das Kloster für die vielseitigen Projekte und Aktionen des GER genutzt werden und den Kindern und Jugendlichen das Leben und Arbeiten im Mittelalter hautnah vermitteln.
Neben dem Klostermodell können in der kleinen Sonderausstellung weitere Objekte bestaunt werden, die im Geschichtserlebnisraum entstanden sind und dort in der Vermittlungsarbeit zum Einsatz kommen. Eine von insgesamt 33 eindrucksvollen Bildtafeln, die eine auf dem Gelände befindliche Holzkirche zieren oder ein slawischer Kochtopf, in dem schon das ein oder andere Süppchen gekocht wurde, zeugen von der handwerklichen Arbeit.
Die Kooperation zwischen dem Europäischen Hansemuseum und dem Geschichtserlebnisraum Roter Hahn liegt nahe: Im Museum Erlerntes kann hier von Kindern unmittelbar erlebt und selbst ausprobiert werden. Das reicht von der Benutzung eines mittelalterlichen Tretkrans bis hin zur Herstellung von Backsteinen.
Begleitet wird die Sonderausstellung mit exklusiven Führungen direkt auf dem Gelände des Geschichtserlebnisraums:
jeden vierten Samstag im Monat von August bis November 2020 sowie am 05. Dezember 2020 um jeweils 15:00 Uhr.
Die Führungen kosten 5 € pro Person, eine Anmeldung unter invita-tion@hansemuseum.eu oder telefonisch unter 0451 80 90 99 0 ist erforderlich.
Treffpunkt ist der Geschichtserlebnisraum Roter Hahn Lübeck e. V., Pommernring 58, in 23569 Lübeck-Kücknitz.
Am Sonntag, 20. September 2020, laden das Europäische Hansemuseum und der Geschichtserlebnisraum außerdem zu einem Tag voller Mitmachaktionen auf dem Museumsgelände des EHM ein. Der Eintritt dazu ist frei, das Programm wird auf www.hansemuseum.eu veröffentlicht.
Öffnungszeiten:
täglich 10:00 – 18:00 Uhr (außer 24.12.)
Eintritt:
Erwachsener 13 €, Ermäßigte 9 €, Familienticket klein 19 €, Familienticket groß 32 €
Ort: Europäisches Hansemuseum, Burgkloster, An der Untertrave 1, 23552 Lübeck
www.hansemuseum.eu
noch bis Herbst 2023
Interimsausstellung
“Buddenbrooks im Behnhaus”
Tony Buddenbrook heißt ab sofort ihre Gäste im Behnhaus willkommen
Endlich kann mit der Wiederöffnung der LÜBECKER MUSEEN seit dem 12. Mai 2020 auch die bereits Ende März fertig gestellte Ausstellung „Buddenbrooks im Behnhaus“ der Öffentlichkeit
präsentiert werden.
Seit das Buddenbrookhaus nach seiner rauschenden Umzugsparty am 28. und 29 Dezember 2019 seine Pforten in der Mengstraße 4 für den umfassenden Umbau schließen musste, wurde an der Interimsausstellung im Museum Behnhaus Drägerhaus gefeilt. Das Ergebnis wird nun bis zum Ende der Umbaumaßnahmen des Literaturhauses, die trotz Corona planmäßig verlaufen, also voraussichtlich bis Herbst 2023 zu sehen sein.
„Wir freuen uns, nun endlich die Buddenbrooks an ihrem neuen Standort zu zeigen. Wer die Inhalte des Romans und das bürgerliche Leben der Manns in Lübeck darstellen will, der kann keinen besseren Ort als das Behnhaus finden. Hier gehen das großbürgerliche Wohnumfeld und die bedeutende Kunst des 19. Jahrhunderts und der klassischen Moderne eine Symbiose ein wie kaum an einem Ort“, so der Leitende Direktor der LÜBECKER MUSEEN, Prof. Dr. Hans Wißkirchen.
Durch die Ausstellung führt Antonie „Tony“ Buddenbrook, Protagonistin aus Thomas Manns weltberühmtem Roman „Buddenbrooks“. Diese Romanfigur schien zur Präsentation der Ausstellung aufgrund ihrer Lust am Erzählen, ihrer Begeisterungsfähigkeit für Neues sowie ihres Engagements für Familie und Stadt bestens geeignet.
In einer Art „Homestory“ erzählt sie von den Romanen „Buddenbrooks“ und „Professor Unrat“, von den Schriftstellern Thomas und Heinrich Mann und vom bürgerlichen Leben im 19. Jahrhundert. Wie sah das Leben in Lübeck zu dieser Zeit aus, was bedeutete die Stadt für die Brüder und wie wurde sie Literatur? Tony lädt die Besucher:innen zu einer Zeitreise ins Lübeck der Buddenbrooks und der Manns ein. Dabei wird schnell klar, warum ausgerechnet das Museum Behnhaus Drägerhaus zur Kulisse für diese Interimsausstellung wurde: in den Räumen des klassizistischen Stadtpalais kann die Lebenswelt der Buddenbrooks authentisch erlebt werden. Tonys Anspruch an Vornehmheit wird dabei ebenfalls entsprochen. Bereits bei der Buddenbrooks-Neuverfilmung von Heinrich Breloer aus dem Jahre 2008 wurden einzelne Szenen im Behnhaus gedreht.
Die Ausstellung erstreckt sich über die historischen Wohnräume des Behnhauses im Erdgeschoss und beginnt in der Diele, wo aus der Perspektive Tony Buddenbrooks die Entstehungsgeschichte des Romans erläutert und Bezüge zu realen Vorbildern der Romanfiguren und damit natürlich auch zur Familiengeschichte der Manns hergestellt werden.
Neben der ehrerbietenden Familienbibel der Manns ist hier auch eine Tabakdose mit Darstellung einer Wintertroika ausgestellt, die vermutlich als Mitbringsel eines russischen Kunden im 19. Jahrhundert in den Mannschen Familienbesitz gekommen ist. Zuletzt befand sich die Tabakdose im Besitz von Lisa Dräger, die sie von der mit ihr befreundeten Ilse Mann geschenkt bekam. Als Leihgabe von Lisa Dräger wurde die Dose schon einmal in den frühen 1990er Jahren im Drägerhaus ausgestellt und ist damit nun gewissermaßen ins Haus „zurückgekehrt“.
Als weitere Kuriosität der Interimsausstellung gilt ein Fächer, der als Requisit in der Verfilmung von „Buddenbrooks“ 2008 von Jessica Schwarz als Tony Buddenbrook getragen wurde. Er ist mit einem Lübeck-Panorama gemalt und fasst so verschiedene, sich überlagernde Ebenen der Ausstellung zusammen: Fakt und Fiktion, Ortsgebundenheit und mediale „Emanzipation“ der Geschichte, Vergangenheit und ihre Übertragung in die Gegenwart.
Zu den Highlights der Ausstellung zählt außerdem ein Klingelzug aus dem 19. Jahrhundert, mit dem die Familie Mann nach den Dienstboten geläutet haben soll und der nun erstmals museal präsentiert wird. Mit seinen 2,22 Meter Länge und der reichen Wollstickerei mit Glasperlen ist er ein besonders schönes Exponat, das viel über das Leben im Lübecker Patriziat erzählt.
Für die Ausstellung „Buddenbrooks im Behnhaus“ wurde eigens ein eGuide konzipiert, mit dessen Hilfe man sich per App kostenlos auf dem eigenen Smartphone auch in Corona-Zeiten sicher durch die Ausstellung führen lassen kann und dennoch nicht auf wertvolle Hintergrundinformationen zu verzichten braucht.
Am 09. Juni 2020 eröffnet außerdem direkt zwischen Marienkirche und Rathaus unter dem Titel „Buddenbrooks am Markt“ ein Infocenter mit Museumsshop, in dem nicht nur Souvenirs des Buddenbrookhauses erstanden, sondern auch umfassende Informationen zum Stand des Umbaus des berühmten Literaturmuseums eingeholt werden können.
Öffnungszeiten:
01.04. – 31.12. Dienstag – Sonntag 10:00 – 17:00 Uhr
01.01. – 31.03. Dienstag – Sonntag 11:00 – 17:00 Uhr
Eintritt:
Erwachsene 8 €
Kinder unter 6 Jahren frei
Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren 2,50 €
Ermäßigte 4,- €
Ort: Museum Behnhaus Drägerhaus, Königstraße 9-11, 23552 Lübeck
www.museum-behnhaus-draegerhaus.de
06. Oktober 2020 – 31. Januar 2020
Fotografien von Orhan Pamuk
»Balkon« und »Orange«“
Das Günter Grass-Haus ist dafür bekannt, Künstler:innen zu präsentieren, die ähnlich wie Grass in mehr als einer Disziplin schöpferisch tätig sind. Das Museum widmet sich mit einer Sonderausstellung dem türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk. Er gilt als einer der international bekanntesten Autoren seines Landes und wurde als erster türkischer Schriftsteller mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.
Doch Pamuk ist auch ein leidenschaftlicher Fotograf. Er fertigte zahlreiche eindrucksvolle Fotografien seiner Heimatstadt Istanbul an, die im Bildband „Balkon“ (2018) und ganz aktuell im 2020 veröffentlichten Bildband „Orange“ zu finden sind. Zwischen Melancholie, Schwermut und Hoffnung spiegeln die Bilder den Seelenzustand des Autors wider. 835 dieser Fotografien sind nun im Günter Grass-Haus zu sehen, ergänzt um vier Videos. Die Schau ist ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Steidl Verlag.
Im Dezember 2012 plagten den Literaturnobelpreisträger Schreibblockaden, weswegen er zur Kamera griff. Vom Balkon seiner Wohnung im Istanbuler Stadtteil Cihangir aus versuchte er mit seinem Fotoapparat Impressionen der pulsierenden Metropole am Bosporus einzufangen. Entstanden sind etwa 8.500 Fotos von vorbeifahrenden Schiffen, von der von unzähligen Minaretten geprägten Silhouette der Stadt, von spektakulären Wolkenformationen und Moscheen im Morgennebel. Im sehnsuchtsvollen Blick in die Ferne spiegelt sich das melancholische Lebensgefühl der Istanbuler:innen wider, das sogenannte „Hüzün“. 2018 erschien der Bildband „Balkon“.
Im 2020 veröffentlichten Bildband „Orange“ hat Pamuk dagegen einen anderen Fokus: Er bemerkte, dass das ihm seit seiner Kindheit vertraute orangefarbene Licht der Straßenlaternen, das die nächtlichen Viertel Istanbuls erhellt, zunehmend in ein grelles Neonlicht billiger Glühbirnen übergeht. Für Pamuk ist dies zugleich eine Metapher für den sozialen und politischen Wandel in der Türkei der letzten Jahre. Die Fotografien aus „Orange“ sind das Resultat seiner Streifzüge durch das nächtliche Istanbul auf der Suche nach entlegenen Orten, die noch in das Licht seiner Kindheit getaucht sind. Dabei interessiert sich Pamuk für die alltäglichen Szenen wie auf der Straße spielende Kinder, das Kabelgewirr an den Häusern, streunende Katzen oder Hunde, Betreiber von Geschäften, die vor ihrem Laden auf Kundschaft warten sowie Menschen, die von der Arbeit kommen.
Kuratiert wurde die Ausstellung von Gerhard Steidl, dem Verleger von Günter Grass, in dessen Verlag auch die beiden Bildbände von Orhan Pamuk erschienen sind: „Jede Fotografie von Pamuk ist für sich wie ein Gemälde. Betrachtet man sie im Zusammenhang lassen sie sich lesen wie ein Roman über seine Stadt Istanbul.“, so Steidl. Dr. Jörg-Philipp Thomsa, Leiter des Günter Grass-Hauses, dazu: „Ich freue mich, dass wir die inzwischen fünfte Fotografie-Ausstellung im Günter Grass-Haus zeigen können. Dank der engen Zusammenarbeit mit Gerhard Steidl ist diese hier ein Meisterwerk und zugleich eine Schule des Sehens.“
Ergänzt werden die Fotografien der Sonderausstellung durch vier Videos. In Zweien lesen die Schauspielerinnen Nina Hoss und Liv Lisa Fries aus Orhan Pamuks Buch „Istanbul. Erinnerungen an eine Stadt“. Außerdem sind Interviews mit Gerhard Steidl und dem Leiter des Günter Grass-Hauses Dr. Jörg-Philipp Thomsa sowie mit Günter Grass und Osman Okkan über seinen Aufenthalt in Istanbul im Jahre 2010 zu sehen. Damals sind sich Grass und Pamuk persönlich begegnet. Beide verband die Faszination für Bilder und das geschriebene Wort. In seinem Nachruf schrieb Pamuk über Grass 2015: „Er lehrte uns, dass die Grundlage jeder Geschichte die Erfindung des Schriftstellers ist, unabhängig davon, wie grausam, schwer erträglich oder politisch die Geschichte ist.“
Begleitprogramm:
Führungen durch die Ausstellung „Schnappschuss“
10., 12., 19. und 24. Oktober, 07. und 21. November, 05. und 19. Dezember 2020, 02., 16. und 30. Januar 2021 jeweils 11 Uhr, 12 €
„Istanbul Transformations“
Klangcollage und Lesung mit der Schauspielerin Nina Mercedés-Rühl, begleitet von dem türkischen Musiker Murat Tosun und dem spanischen Gitarristen Pedro Tomé
Sonntag, 25. Oktober 2020, 16 Uhr, 9 €
„Road to Istanbul“
Konzert der Band „Aggregat“ mit Lesung von Schauspielerin Lilly Kropper
Freitag, 30. Oktober 2020, 19 Uhr, 9 €
Workshops für Kinder
„Die Welt im Blick“
Diorama-Workshop: Was ist dein liebster Ausblick?
Samstag, 24. Oktober 2020, 14 Uhr, 9 €, Geschwisterkinder zahlen die Hälfte
„Aus 1001 Nacht“
Zauberbilder-Workshop: Mit Wachs und Wasserfarben
Samstag, 5. Dezember 2020, 14 Uhr, 9 €, Geschwisterkinder zahlen die Hälfte
Öffnungzeiten:
01.04. – 31.12. montags – sonntags 10:00 – 17:00 Uhr
01.01. – 31.03. dienstags – sonntags 11:00 – 17:00 Uhr
Eintritt:
Erwachsene 8 €
Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren 2,50 €
Ermäßigte 4,- €
Kinder unter 6 Jahren frei
Ort: Günter Grass-Haus, Glockengießerstraße 21, 23552 Lübeck
www.grass-haus.de
Foto © Orhan Pamuk, Steidl Verlag
09. Oktober – 07. November 2020
CAROLA ERNST
Dioptric Land
Die medial vielfältig angelegten Werke von Carola Ernst spielen mit zahlreichen Bild- und damit Wahrnehmungsebenen. Die meisten Bild-Erfindungen, die sich mit Illusionen, Sinnestäuschungen und der physiologischen sowie der psychologischen Seite des Sehens beschäftigen, kann man auf optische Spektakel und Kunstwerke zurückführen. Dementsprechend durchziehen vielschichtige Spannungsbögen die Arbeiten von Carola Ernst, die sich zwischen den klassischen Kategorien Malerei, Skulptur und Zeichnung bewegen.
Grundlage der Ausstellung in St. Petri zu Lübeck ist die Werkgruppe „Axes of Psychophysics“, an der die Künstlerin bereits seit über zehn Jahren arbeitet, und die sich mit multiperspektivischer Wahrnehmung beschäftigt.
„Das in dieser Werkgruppe von Carola Ernst initiierte Wechselspiel zwischen subjektivem psychischem Erleben und quantitativ messbaren objektiven physikalischen Reizen steht programmatisch im Bezug zu Forschungen der Psychophysik“, schreibt die Kunstwissenschaftlerin Cora Waschke. „Die Malereien erweisen sich als experimentelle Vexierbilder, deren Bildmotive Interferenzen bilden, die im Betrachtungsprozess zugleich graue Figuration und Symbolhaftigkeit wie farbintensive Dekonstruktionen bewirken.“
Durch diverse Bildüberlagerungen, die in ihrer Tiefenwirkung bisweilen einen holografischen Charakter offenbaren können, vermischt sich Unbewusstes mit Erinnerungen und Vorstellungskraft, so dass sich Rückbezüge auf das eigene Subjekt zwangsläufig ergeben.
In ihren Bildkompositionen bewegen sich die Werke von Carola Ernst zum einen zwischen expressionistischen Anleihen und den Spielarten des so genannten Informel nach dem Zweiten Weltkrieg, zum anderen entwickelt sich aus eben derartigen Variationen eine eigenständige, unverwechselbare Formensprache. Hinzu kommt der Einfluss von Musik im Schaffensprozess, von Klassik bis Breakcore.
Eine Kooperation der Overbeck-Gesellschaft und des St. Petri-Kuratoriums.
Ausstellungseröffnung:
Freitag, 09. Oktober 2020, 19:00 in St. Petri zu Lübeck
Aufgrund der Corona-Beschränkungen ist der Einlass auf 50 Personen beschränkt. Bitten melden Sie sich bei Anika Stender-Sornik an: Tel. 0451 3977324 oder per Email unter: info@st-petri-luebeck.de.
Sie erhalten eine Bestätigung.
Ihre Anmeldung bis zum 05. Oktober 2020 ist erforderlich, damit wir gemäß der Landes- und Stadtverordnung den geltenden Maßnahmen hinsichtlich von Versammlungen gerecht werden. Dafür haben wir ein Hygienekonzept erstellt. Bitte bringen Sie Ihren Mundschutz mit!
Begrüßung:
Dr. Bernd Schwarze, Pastor St. Petri zu Lübeck
Prof. Christian Klawitter, 1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft · Kunstverein Lübeck
Einführung:
Dr. Oliver Zybok, Direktor der Overbeck-Gesellschaft · Kunstverein Lübeck
Öffnungszeiten:
täglich 11:00 – 17:00 Uhr
Eintritt: frei
Ort: St. Petri zu Lübeck, Petrikirchhof 4, 23552 Lübeck
www.st-petri-luebeck.de
Oktober 2020 – April 2021
„Die Geschichte des Burghügels“
Von der slawischen Burg zum Museumsbau
Mit einer neuen Ausstellung im Burgkloster beleuchtet das Europäische Hansemuseum die lange und wechselvolle Geschichte des Ortes, an dem es steht. Sie versteht sich als Widmung an die Menschen, die in 1200 Jahren am Lübecker Burghügel gelebt, gearbeitet, gelacht und auch gelitten haben. Sie wird zukünftig immer dann zu sehen sein, wenn keine Sonderausstellung stattfindet.
Die Ausstellung erzählt die Geschichte des Ortes, an dem heute das Europäische Hansemuseum steht, aus historisch-archäologischer Perspektive. Der Lübecker Burghügel blickt auf eine lange wie wechselvolle Geschichte zurück. Schon die Slawen erachteten ihn als idealen Ort für eine Befestigung und errichteten dort einen Ringwall. Deutsche und dänische Herrscher folgten ihrem Beispiel und erweiterten ihn um eine Burg.
Bereits im Jahre 1227, nach der legendären Schlacht bei Bornhöved, wurde die dänische Burg von den Lübecker Bürgern abgerissen und das Gelände an den Dominikanerorden übergeben. Der Bettelorden errichtete anstelle der Burg das Maria-Magdalenen-Kloster, benannt nach der Heiligen Maria Magdalena, die – der Legende nach – den Lübeckern in der Schlacht gegen die Dänen zur Hilfe geeilt war und ihnen zum Sieg verholfen hat.
304 Jahre lang lebten, beteten und arbeiteten auf dem Burghügel Mönche, bis das Kloster 1531 im Zuge der Reformation in ein Armenhaus umgewandelt wurde.
Einschneidende und umfangreiche Veränderungen wurden ab 1883 vorgenommen, als der Stadtrat beschloss, ein großes, repräsentatives Gerichtsgebäude zu errichten und das ehemalige Kloster teilweise zu überformen. Das zugehörige Gefängnis wurde bis 1962 genutzt.
Ab den 1980er Jahren wurde der geschichtsträchtige Ort als Kulturforum, Kunsthalle und Museum genutzt, bis schließlich 2015 das Europäische Hansemuseum seine Pforten auf dem Burghügel öffnete.
Öffnungszeiten:
täglich 10:00 – 18:00 Uhr (außer 24.12.)
Eintritt:
Erwachsener 13 €, Ermäßigte 9 €, Familienticket klein 19 €, Familienticket groß 32 €
Ort: Europäisches Hansemuseum, Burgkloster, An der Untertrave 1, 23552 Lübeck
www.hansemuseum.eu
Foto © Europäisches Hansemuseum, Foto: Olaf Malzahn
20. Oktober – 18. November 2020
„Die schönsten Grußpostkarten aus alter Zeit“
Es sind ca. 900 Postkarten aus den Jahren von 1890 bis 1918 zu sehen. In dieser Zeit erlebte die Bild-Postkarte einen absoluten Boom. Sie wurden nicht nur als neuartiges Kommunikationsmedium verwendet sondern auch in prachtvoll gestalteten Alben gesammelt.
Handschriftliche Texte des Absenders mussten zunächst auf die Bildseite (!) geschrieben werden, was leider den optischen Eindruck erheblich störte. Die Gegenseite blieb (großzügig bemessen!) ausschließlich postalischen Angaben vorbehalten. Meistens brauchte man gar keinen eigenen Text, denn vorgefertigte Sätze wie „Warum ließest Du mich warten?“ oder „Sei wieder gut!“ auf sog. Spruchkarten boten auch schüchternen Absendern die Möglichkeit zur Kommunikation. Grußkarten für Verliebte, die einander häufig schrieben, gab es in ganzen Serien mit entsprechend sinnigen Texten, sich ergänzenden Gedicht- oder Liedzeilen, die wohl auch zum Sammeln anregen sollten.
Einer der größten Hersteller von Ansichtskarten war die „Neue Photographische Gesellschaft“. Sie vereinfachte die Massenherstellung von Fotografien und war Erfinder der „Kilometer-Photographie“, bei der Fotos nicht auf Fotopapier-Bögen, sondern auf kilometerlange Rollen belichtet wurden.
Grußkarten mit Ortsansichten – wie von Ratzeburg, Mölln und Lauenburg – gab es nicht nur mit vorgedruckten Urlaubsgrüßen, sondern auch zu Weihnachten, Neujahr, Ostern und anderen Anlässen. Man nutzte vorgefertigte Standard-Entwürfe, in welche nur die jeweiligen Ortsansichten einkopiert werden mussten. Ob die Motive zur Stadt passten – wie etwa die Meeresmuscheln zu Mölln – war nicht besonders relevant
Der Erste Weltkrieg (1914-18) bot Anlass zum Versenden von Postkarten-Grüßen der Soldaten aus dem Felde oder an sie dorthin, aber auch zum Austausch witzig gemeinter Postkarten untereinander. Auch hatten Karten zum „Abschied“ besondere Hochkonjunktur. „Immer Fachmann – Militärische Fachausdrücke im Spiegel des Humors“ nannte sich eine umfangreiche Serie von Soldatenpostkarten aus dem 1. Weltkrieg, deren humoristische Wirkung auf den Wortspielen der Titel und ihren amourösen Darstellungen beruhte. Zum Osterfest fand neben religiös geprägten Motiven (im Norden eher selten verschickt) auch Patriotisches auf die Karten, dessen Verbindung mit Ostern weit hergeholt war, aber dem Zeitgeist der deutschen Kaiserzeit entsprach. Wesentlich beliebter waren aber die Fotos von Kindern mit Hasen oder Ostereiern.
Fotografierte Weihnachtsgrußkarten mit geschmückten Christbäumen und Spielzeug auf dem Gabentisch geben einen interessanten historischen Einblick in die Weihnachtsbräuche und Lebensumstände in der Zeit der Jahrhundertwende. Mit farbigen Chromolithographien, Kolorierungen, Prägedrucken und Goldauflagen kamen Weihnachtsgrußkarten besonders prunkvoll daher.
Karten mit erotischen Motiven oder anzüglichen Witzen wurden wohl nur selten verschickt (alle in der Ausstellung gezeigten Karten sind nicht postalisch gelaufen), sondern fanden den Weg in Herrenbrieftaschen. Massenhaft produziert wurden Fotokarten von Frauen in Ganzkörpertrikots, die Nacktheit nur vortäuschten – oder man imitierte antike Statuen.
Aus dem vielfältigen Angebot an Grußkarten mit Blumenmotiven stechen die Rosen als Sinnbilder der Liebe und Vergissmeinnicht als Symbole der Treue hervor. Fotos von schönen Damen wurden als Kartengrüße gerne verschickt, wobei das Geschlecht von Absender und Adressat keine Rolle spielte. Oft waren die Damenköpfe auch mit Männernamen versehen, die als Gruß zum Namenstag gedacht waren und heute unfreiwillig komisch anmuten. Die Namen wurden von Hand individuell aufgemalt und mit Glitter beklebt.
Karten mit deutlich sichtbarem Ausfall von Silbernitrat beweisen, dass es sich bei den meisten Schwarz-weiß-Karten um echte Fotographien, also Einzelstücke, handelt, die oft von Hand koloriert wurden. Später wurden die meisten Karten als Chromolithographien seriell gedruckt.
Erstaunlich groß war das Angebot an Grußkarten zum 1. Schultag.
Lustige oder rührselige Kinderszenen – fotografiert oder gemalt – waren ein beliebtes Kartenmotiv. Häufig wurden sie in umfangreichen Serien produziert.
Eine ganze Industrie lebte von Herstellung und Vertrieb sog. „Kunstpostkarten“, die nicht etwa bekannte Gemälde abbildeten, sondern serienweise eigens für die Karten gemalte Motive von größtmöglicher „Breitenwirkung“ zeigten. Hunderte solcher Motive malte der Dresdner Akademiekünstler Alfred Mailick (1869-1946).
Am häufigsten wurden Grußpostkarten zum Geburtstag verschickt. In der Zeit zwischen 1890 und 1910 waren Blumenmotive besonders beliebt. Manche Karten sind kleine Kunstwerke des Jugendstils – manche banaler Kitsch. Die Zahl der damals produzierten Motive ist gewaltig.
Neben zahllosen Karten mit Porträts und Darstellungen „namenloser“ Schönheiten, die einfach nur Ausdruck des herrschenden Schönheitsideals waren, gab es auch „Fan-Postkarten“ von berühmten Schauspielerinnen und Schauspielern der jungen Filmindustrie, wie etwa von Henny Porten, die nach dem Krieg in Ratzeburg gelebt hat und von der mehr als 800 unterschiedliche Postkartenmotive bekannt sind.
Öffnungszeiten:
täglich, außer montags, von 10:00 – 13:00 Uhr und 14:00 – 17:00 Uhr
Eintritt: Erwachsene 3,- Euro, Schüler 1,- €
Familienkarten (2 Erwachsene und Kinder) 6,- €
Ort: Kreismuseum Herzogtum Lauenburg, Domhof 12, 23909 Ratzeburg
www.kmrz.de
25. Oktober 2020 – 04. April 2021
„Not macht erfinderisch –
zivile Notgegenstände aus Militärmaterialien.
Die Sammlung Olaf Weddern“
Industriegeschichte mal anders
Ab Sonntag, 25. Oktober, lädt das Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk im Rahmen einer neuen Sonderausstellung mit dem Titel „Not macht erfinderisch – zivile Notgegenstände aus Militärmaterialien. Die Sammlung Olaf Weddern“ seine Besucher:innen dazu ein, sich anhand von Alltagsgegenständen, die aufgrund der bitteren Armut der unmittelbaren Nachkriegszeit aus Militärmaterialien des Zweiten Weltkrieges angefertigt wurden, auf eine Zeitreise durch die Industriegeschichte Deutschlands zu begeben: vom Dritten Reich mit seiner Rüstungsindustrie über die Not nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Mangel an Konsumgütern bis hin zum Wirtschaftswunder der jungen BRD.
„Die Ausstellung ‚Not macht erfinderisch — zivile Notgegenstände aus Militärmaterialien‘ zeigt dringende Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs, gefertigt aus den Überresten des Zweiten Weltkrieges, sowohl aus privater Heimarbeit als auch oft aus fabrikmäßiger Produktion“, beschreibt Dr. Bettina Braunmüller, Museumsleiterin und Kuratorin der Ausstellung, ihr Projekt.
„Not macht erfinderisch‘‘ und „Man kann nur das benutzen, was man hat.‘‘ — diese banalen Erkenntnisse führten nach dem Zweiten Weltkrieg zu teilweise skurrilen Umbauten von im Überfluss vorhandenen Militärmaterialen zu zivilen Notgegenständen wie Küchengeschirr oder Kinderspielzeug. Diese so genannten Konversionsgegenstände wirken befremdlich, da der Anblick von Militaria im Alltag heute ungewohnt ist und sie darüber hinaus die Ironie der Geschichte deutlich machen, beispielsweise in Form von einer aus einer Glasmine gefertigten Schüssel mit Blümchendekor oder einer Spielzeugeisenbahn für einen kleinen Jungen aus Patronenschachteln. Hierbei wird schnell deutlich, mit welchem Einfallsreichtum die Menschen ihren Alltag improvisierten. Dabei ging es keinesfalls nur um die nötigsten Gegenstände, sondern auch um „schöne‘‘ Dinge, da auch sie offensichtlich zu einem erfüllten Leben und dem Streben nach einem Gefühl der Normalität in Zeiten höchster Abnormalität vonnöten waren. Auf diese Weise beschreibt die Ausstellung zugleich eindrücklich die Not und das Leid sowie die Armut im vom Krieg zerstörten Nachkriegsdeutschland und die Situation, in der Kinder und Erwachsene leben mussten, von der Ernährungs- über die Wohnsituation bis hin zu sozialen Aspekten.
Fast alle Exponate der Ausstellung stammen aus dem Besitz von Olaf Weddern, der privat seit seiner Jugend Notgegenstände aus Militärmaterialen sammelt. Durch eine umfangreiche Sammlungsübernahme sind diese Stücke mittlerweile auf eine Anzahl von über 200 angewachsen. Mit der Ausstellung in Herrenwyk wird ein Großteil der Sammlung von Olaf Weddern erstmals öffentlich zu sehen sein. Er selbst erzählt über sich und seine Leidenschaft: „Ich sammle seit den späten 1980er Jahren umgebautes bzw. zivil weiterverwendetes Militärmaterial des Zweiten Weltkriegs. Während man solche abfällig beispielsweise als alte Emaillekannen bezeichneten Küchenutensilien vor dreißig Jahren noch günstig auf vielen Flohmärkten finden konnte, hat sich hier mittlerweile ein eigenes Sammelfeld entwickelt und für entsprechende Preissteigerungen gesorgt. Die Übernahme zahlreicher Stücke eines Dresdner Filmrequisiteurs in meine Sammlung, dessen ausdrücklicher Wunsch es war, diese auch einmal museal präsentiert zu wissen, war der Anlass für die Umsetzung dieser Ausstellung im Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk.‘‘ Das Haus schien Weddern, der im Kreis Segeberg lebt, thematisch am passendsten.
Die Ausstellung ist auch für Museumsleiterin Bettina Braunmüller eine Herzensangelegenheit, da hier oftmals vernachlässigte Themen wie die Rüstungsindustrie im Zweiten Weltkrieg und das Improvisationstalent der Menschen nach dem Krieg in den Mittelpunkt gestellt werden. Nicht der Krieg an sich, sondern die Konsum- und Rüstungsgüter bzw. ihre Nutzung und Umnutzung stehen im Vordergrund.
Des Weiteren thematisiert wird die Folgezeit des Wirtschaftswunders, die mit dem ausufernden Lebensstil ihrer Konsumgesellschaft einen krassen Kontrast zum vorherigen Elend in Deutschland bildete. Exponate des Museumsvereins „Die Goldenen Fünfziger Jahre‘‘ e. V. aus Hamburg kontrastieren die ärmlichen Objekte des vorangegangenen Jahrzehnts.
Auch schlägt die Ausstellung einen exemplarischen Bogen zur internationalen Fertigung von Notgegenständen aus Militärmaterial durch einige Exponate aus Laos der Lübecker Völkerkundesammlung. In diesem südostasiatischen Land produzieren die Menschen bis heute in kleinen Werkstätten Konversionsgegenstände aus den Überresten von Geschossen und Bomben, die im langjährigen Bürgerkrieg zum Einsatz kamen. Somit wird der internationale Charakter des Phänomens deutlich: Not und Konversion gehen überall auf der Welt mit Kriegen einher.
Abschließend beleuchtet wird die in heutiger Zeit generell und seit der Corona-Krise ganz besonders verbreitete Tendenz, sich auf Notsituation einstellen und auf Ausnahmesituationen vorbereitet sein zu wollen. Dementsprechend findet auch die Do-it-Yourself, Prepper- und Survival-Szene Erwähnung.
Die Ausstellung zeigt neben über 150 Exponaten umfangreiches Film-, Text- und Bildmaterial und ist gerade aufgrund der größeren historischen Dimension besonders für Schulklassen geeignet.
Begleitprogramm:
Preview-Führung durch die Museumsleiterin und Kuratorin der Ausstellung Dr. Bettina Braunmüller, Freitag, 23. Oktober, 14 Uhr, 7 €
Anmeldungen aufgrund der Corona-Pandemie zwingend erforderlich!
Öffentliche Führungen durch den Sammler Olaf Weddern
08. November 2020, 17. Januar, 21. Februar und 14. März 2021, jeweils sonntags um 11:00 Uhr, 7 €
Anmeldungen aufgrund der Corona-Pandemie zwingend erforderlich!
Führungen für Gruppen und Schulklassen
Termine nach Absprache
Die Ausstellung ist besonders für die Jahrgänge, die die junge BRD und das Nachkriegsdeutschland thematisieren, geeignet und empfehlenswert.
Nachdem die Lage mit Corona sich dynamisch gestaltet, bitten wir, sich tagesaktuell auf der Homepage des Industriemuseums www.geschichtswerkstatt-herrenwyk.de über eventuelle Änderungen oder Neuerungen zu informieren.
Zur Eröffnung wird dort auch dauerhaft ein Film über die Ausstellung mit Interviews platziert.
Öffnungszeiten:
Freitag 01.01. – 31.12. 14:00 – 17:00 Uhr
Samstag – Sonntag 01.01. – 31.12. 10:00 – 17:00 Uhr
Heiligabend, 1. und 2. Weihnachtsfeiertag: geschlossen
Silvester und Neujahr: geschlossen
Karfreitag: 14:00 – 17:00 Uhr
Ostersonntag: geöffnet
Eintritt:
Erwachsene 4 €
Kinder unter 6 Jahren frei
Kinder und Jugendliche 6 – 15 Jahre 2 €
Kinder und Jugendliche 16 – 18 Jahre 4 €
Ermäßigte 3 €
Wegen Personenbegrenzung ist eine verbindliche Anmeldung dringend erforderlich unter Tel. 0451 122 41 94 oder 0451 122 41 95
www.geschichtswerkstatt-herrenwyk.de
Foto © Olaf Malzahn
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